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24h Rennen- trau dich!

Wie mache ich die richtigen Kniebeugen, rolle möglichst elegant über die Black Roll. Wie steigere ich meinen FTP-Wert. Die richtige Nutrition vor und während dem Rennen? Was ist das richtige Rennequipment?

(Vermeintliche) Pro Tipps für den Solo Start bei nem 24h Rennen gibt es wie Sand am Meer und nun komme ich und muss mich auch noch geistig ergießen?

Genau so sieht es aus, aber meine 5 Tipps unterscheiden sich doch deutlich von denen, welche man im Worldwideweb auf Youtube und Insta finden kann, denn sie drehen sich um Euren Kopf, Euer Mindset, welches unglaublich wichtig ist für ein 24h Solo.

Euch geht´s wohl wie mir vor 5 Jahren. Ihr kennt die 24h Rennen, seid wie ich mal in nem 8er Team gestartet, dann in einem 4er Team, eventuell sogar mal zu zweit. Mit jedem downgrade der Fahreranzahl wurden die 24h Rennen immer schwerer, die Pausen kürzer, die erbrachte Leistung mehr. Womöglich musstet ihr Vollgas geben, weil Ihr um Plätze gekämpft habt, wolltet nicht der Langsamste in Eurem Team sein oder musstet eventuell den Ausfall eines Teamkollegen kompensieren.

Und jetzt sollt Ihr das ganz alleine in einem 24h Solo machen?

Ein beängstigender Gedanke. Erfahrung im Ulltracycling ist unglaublich wichtig, aber genau hier hat sie Euer Mindset verdorben. Die gesammelte Erfahrung hilft Euch nicht, sondern hemmt Euch – verständlicherweise – vor dem ersten Solo Start.

Ihr müsst nicht Volllgas geben, auch keine konstanten Rundenzeit fahren und auch keine 24h auf dem Rad bleiben. Macht Euch frei von dem Gedanken und macht ein Reset in Eurem Kopf!

Und jetzt hört mir zu:

Pro Tipp 1- Resete Dein Mindset

Der Veranstalter gibt Euch 24h Zeit, um Runden auf einem Rundkurs zu sammeln, je mehr desto besser. Ihr musst nicht 6, 8 oder 10 Stunden durchhalten, sondern einfach nur Runden sammeln und zwar mit einer Taktik, die es Euch ermöglicht, das 24h lang zu tun.

Viele Anfänger sind bei ihrem ersten Solo top motiviert, fahren sechs Stunden lang konstante Rundenzeiten, dann verlassen sie die Komfortzone, welche sie aus dem Training kennen und kämpfen eine weitere Stunde. In der achten Stunde beginnen sie zu leiden und in der neunten Stunde fallen sie erschöpft in ihr Zelt und werden dort bis zum Rennende bleiben.

Zwar hast Du so wahrscheinlich Deine bisher beste Leistung auf dem Rad erbracht – das Ziel 24h lang Runden zu sammeln aber verfehlt.

Wenn du also den Pro Tipp 1 verstanden hast, kommen wir nun zum Punkt 2.

Pro Tipp 2- Die Renntaktik

Nun kommen wir also zur Renntaktik, welche darauf zielt 24h lang Runden zu sammeln.

Je nach Strecke, die Du gewählt hast, variiert auch die Rundenzeit. Beim 24h Rennen in München dauert eine Runde 15 Minuten, in Finale Ligure gerne mal 50 Minuten. Nimm Dir also eine Rundenzahl vor, die Du in 2 Stunden bewältigen kannst. Bleiben wir z.B. in München: da wären das 8 Runden. Somit teilst Du Dir die 24h schon mal in kleine Häppchen, was wichtig für Deinen Kopf ist.

Fahre also 8 Runden und mach einen Stopp und lasse es Dir gut gehen:

  1. Massage Gun oder Black Roll an die Beine
  2. Verpflege dich ordentlich
  3. Rücken dehnen
  4. Eventuell (später) eine frische Hose oder ein trockenes Unterhemd anziehen
  5. Kette schmieren usw.

Tu genau das, was Du brauchst, um den nächste Block mit 8 Runden fahren zu können. Wichtig ist hier nur: gib Deiner Pause einen definierten Zeitrahmen. Z.B. 20 Minuten… tust Du das nicht, wirst Du im Verlauf des Rennens diese immer weiter hinauszögern. Genauso versuchst Du nun 24h lang Runden zu sammeln.

Bei Deinem nächsten 24h Solo (solltest Du Dein Erstes überleben 🙂 ) reduzierst Du dann Deine Standzeiten, indem Du z.B. erst alle 3 Stunden nun die Pause machst oder bei selben Pausenrhythmus nur noch 10 Minuten pausierst. 24h Solorider zu werden ist ein Entwicklungsprozess. Wähle Deine Pausen jedoch nicht zu lange, denn Dein Kreislauf fährt (gerade nachts) sehr schnell runter.

 

Somit kommt zum Pro Tipp 1, dem richtigen Mindest, nun Pro Tipp 2, die richtige Renntaktik.

 

Pro Tipp 3- Die richtige Rennstrecke

24h of Finale Ligure oder auch das Heavy 24 sind wundervolle Events, Küstenpanorama, Wurzelteppiche, technische Uphills und Trails. Alles was das Bikerherz höher schlagen lässt und warum wir eigentlich auf unseren Bikes sitzen. Doch genau diese Events sind die falsche Wahl für Euer erstes Solo, denn genau diese Strecken können Euch binnen weniger Stunden förmlich hinrichten.

Natürlich seid Ihr technisch geübt genug, um diese Strecke zu bewältigen, aber seid Ihr das auch nach 16 Stunden noch?

Euch ist kalt, eventuell seid Ihr unterzuckert, Ihr seid völlig übermüdet und der Trail ist in völliger Dunkelheit doch nicht mehr so einfach wie zu Rennbeginn? Den technischen Uphill, in welchem Ihr 350 Watt treten müsst, um ihn zu bewältigen, drückt Ihr die auch noch nach 300 Km und 4000Hm in den Beinen? Eure Hände, Stützmuskulatur, Konzentrationsfähigkeit ist dem allem (noch) nicht gewachsen, also macht es Euch nicht unnötig schwer und seid mal ehrlich zu Euch selbst.

Wenn Ihr absolut am Limit seid und Ihr gerade wieder Eure Pause macht, wo würde es Euch leichter fallen nochmals eine Runde zu sammeln? Bei ner 15 Minuten Runde auf Asphalt oder ner 50 Minuten Runde in technischem Gelände? Als besonders Anfänger-tauglich hat sich das Rennen im Olympiapark 24h Race München oder das 24h Rennen in Schötz herausgestellt. Schötz hat allerdings den schwierigeren Anstieg und sehr hohe Startgebühren. Beide Events haben 5 KM Runden von ca. 15 Minuten.

Pro Tipp 4- Problemlösung

Dir wird übel, weil Dein Magen die Belastung & Energieaufnahme nicht gewohnt ist.

Was machst Du:

Mal eine Stunde ohne Nahrungszufuhr weiterfahren und einen Hungerast riskieren, weiter in Dich reinkippen und kotzen? Anhalten für einen Kräutertee oder Magentropfen nehmen, die Du natürlich vorab einpacken musst.

Du hast einen Defekt am Bike, stehen bleiben und reparieren? Runde zurück an die Box laufen? Runde vorwärts an die Box laufen? Ersatzrad an der Box nehmen oder dort das Bike reparieren?

Vor Einbruch der Dunkelheit, Du machst gerade Deine Pause – ziehst Du Dich jetzt schon wärmer an für die Nacht, machst das Licht ans Bike oder erst in einer Stunde, wenn es kälter ist…aber dann musst Du ja schon wieder stoppen?

Du bekommst leichte Krämpfe, das Salz schon griffbereit in der Trikottasche oder irgendwo in der Sporttasche in der Box vergraben.

Was ich damit sagen will:

Mach Dir im Vorfeld über mögliche Probleme Gedanken und schaffe die Lösung dazu vor dem Start. Hast für jedes Problem eine Lösung, hast eigentlich keins, zudem bist Du im Rennen so entnervt, Du wirst nur dumme Entscheidungen treffen…meist ist dies dann die Aufgabe des Rennens.

Pro Tipp 5- Akzeptiere das es schwer ist

Wenn´s leicht wär, könnt´s jeder. Genauso ist es. Es gibt eigentlich zwei Arten von Menschen, welche die sich jedem Problem entgegenstellen und es lösen und welche die dem aus dem Weg gehen und sich somit von dem Problem lösen. Wenn Du Widerstände nicht ertragen kannst, brauchst Du kein 24h Solorennen fahren. Aber auch die „Problemlöser“ haben es schwer, weil sie Ihre Probleme im Rennen nicht lösen können und somit ist eine dritte Art von Menschen gefragt, nämlich diejenigen, die das Problem akzeptieren und ertragen. Denn sie können es weder lösen, noch möchten sie Ihm aus dem Weg gehen.

Dir kann speiübel sein, entweder Du hörst auf zu essen und bekommst nen Hungerast oder Du kotzt. Es ist Deine Entscheidung, aber es ist kein Grund aufzuhören.

Du bist dehydriert und hast Kopfschmerzen, mach weiter und versuch in der Nacht (wenn es kühler ist) den Flüssigkeitshaushalt wieder zu füllen.

Du bist übermüdet, Du hast Schüttelfrost, weil es nachts im Rennen Temperaturen um den Gefrierpunkt hat. Zieh Dich wärmer an und fahre weiter, bis die wärmende Sonne aufgeht.

Ich hatte schon wirklich, wirklich viele beschissene Momente in diesen Rennen. Nach dem Rennen beim Blick auf die Ergebnisliste hat sich jedoch gezeigt, dass genau dieser Moment der beste des Rennens war und ich viele Kontrahenten überholt hatte, weil es denen noch schlechter ging.

Man kann in allem einen Grund zum Aufgeben finden, aber egal ob Topfahrer oder Anfänger, alle haben oder hatten schon diese Probleme und wenn Du diese nicht akzeptieren kannst, bist Du falsch hier, denn es geht beim 24h Rennen darum, unaufhaltsam und unzerstörbar zu sein.

 

Behalte das auf Deinem Weg zum 24h Solofahrer im Kopf und wenn ich Dich mit diesem Beitrag inspirieren und motivieren konnte, kipp Dir nun ein Glas Rotwein hinter die Binde und melde Dich zu Deinem ersten 24h Solo an.

Happy ride Euer Daniel

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