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Jahrelang bin ich Marathonrennen gefahren, diese waren mit einem geringen Reiseaufwand zu erreichen und auch die Kosten für Startgebühren waren überschaubar. Zahlreiche Rennen im Schwarzwald prägten meine Rennsaison. Über die Jahre hinweg, zeigte sich dann aber auch eine Wahrheit, welche dieses Rennformat betrifft. Je nach Trainingszustand war für mich die Rennzeit, welche ich beim jeweiligen Marathon brauchte, schon vorhersehbar und somit auch die finale Platzierung. Zwar variierte die mal um plus-minus 5 Plätze, aber im Endeffekt waren die Rennen so berechenbar, dass es hier wenige Überraschungen gab. Die Chance, auch mal physisch bessere Fahrer zu schlagen, ergab sich nur, wenn sie Defekt hatten und ausgeschieden sind. Bedingt durch die daraus resultierende Langeweile, entschied ich mich dann 12h und 24h Rennen zu fahren. Hier war das völlig anders. Zum einen dachte man gar nicht über Platzierungen nach, weil man in den 24 Stunden ja zu sehr mit sich selbst zu kämpfen hatte. Zum anderen waren die Rennen dann auch so unvorhersehbar, dass ich erst nach 24 Stunden wusste wo ich final lande. Teilweise tauschte man mehrfach die Platzierungen mit seinen Kontrahenten innerhalb des Rennens, manchmal waren Fahrer rundenweise voraus, sind aber dann in der Nacht komplett ausgefallen. Ja manchmal hatten Fahrer wenige Stunden vor Schluss noch einen kompletten Einbruch und haben ihre Platzierung verloren. Dies galt fürs Mittelfeld, wie auch für die Topfahrer.

Ich habe dann auch festgestellt, dass hier nicht nur die reine physische Leistungsfähigkeit über die Platzierung entscheidet, sondern auch die mentale Stärke. Physisch habe ich beim Radfahren ungefähr so viel Talent wie 2 Meter Feldweg, aber psychisch kann ich´s dann doch etwas besser.

In diesen Rennen hat man zwangsläufig Probleme, egal ob Topathlet oder Amateur und das sorgt dafür, dass man auch die Topfahrer in diesen Rennen schlagen kann. Die Faszination ist, dass jeder in diesem Rennformat scheitern kann, abhängig davon wie gut er seine Probleme meistert. Wobei was heißt denn Scheitern bei diesen Rennen? Letzten Endes kannst du eine Runde fahren, dich ins Bierzelt legen und du bist in der Wertung. Für mich war die Genugtuung der Rennen immer, dass ich irgendwo an einen Punkt kam, der meine Leistungsgrenze widerspiegelt und mich dadurch  konfrontiert sah, diese Grenze zu überwinden. Manchmal gelang mir das besser, manchmal schlechter und dasselbe galt natürlich für meine Kontrahenten. Die Tatsache, wie sehr ich in diesen Rennen über mich hinauswachsen kann war das Barometer, ob ich in diesem Rennen gescheitert bin oder eben nicht.

 

Das Rad für neue Abenteuer Pivot Vault

Jetzt, nachdem ich 5 Jahre in dem 24h Rennzirkus unterwegs war, geht´s mir aber gleich wie damals mit den Marathonrennen. Natürlich haben die 24h Rennen nicht an Anspruch verloren, aber wenn du regelmäßig in die in die Top 10 fährst oder auch in die Top 5, vielleicht sogar mal so ein Rennen gewinnst, dann kommt man schon zu dem Schluss: „man kann´s jetzt“ oder „man weiß was zu tun ist“, um eben nicht mehr zu scheitern. Die größte Herausforderung war dabei immer, irgendwann mal in Finale Ligure zu starten, für mich persönlich die Königin aller 24h Rennen und der Ritterschlag welcher jeder 24h Mountainbiker benötigt.  Auch dort bin gestartet und auch dort bin ich nicht gescheitert. Das größte Ziel meiner sportlichen Karriere sorgte kurz für Erfüllung, hinterließ aber ein bis heute nicht mehr gefülltes Loch in mir.

Um es kurz zu fassen, die Suche nach dem Scheitern hat für mich neu begonnen.

Wenn ich mich in der Eventszene umschaue, lande ich zwangsläufig beim Thema Gravel. Während immer mehr 24h Rennen sterben, werden dort immer mehr tolle Events geboren. Bei dem Thema Long-Distance-Gravel-Racing oder auch Adventure-Racing gibt es so viele spannende Themen, mit denen ich mich beschäftigen muss, sei es welche Parts funktionieren für mich an einem Gravel Bike, welche Packtaschen verwende ich was muss ich mitnehmen und was nicht, wie gut klappt es mich selbst zu supporten, wie gut reagiert mein Körper, wenn ich nicht permanent Zugriff auf Essen und Trinken habe.

All das, was ich jetzt die letzten Jahre bei 24h Rennen für mich als gut befunden habe, muss ich jetzt wieder neu entdecken. Ich stehe quasi wieder beim Anfangspunkt.

Dazu habe ich mir jetzt zwei Ziele rausgepickt, welche die Lücke vom 24h Rennen Finale Ligure füllen sollen. Hierzu gönne ich mir ein Jahr Vorbereitungszeit.

2025 möchte ich beim Traka 360 starten, einem Rennen über 360 Kilometer mit 5.000 Höhenmetern, welches im Mai stattfinden wird. Wenige Monate später findet dann das Badlands statt. Ein Rennen über 800 Kilometer mit 16.000 Höhenmetern. Ich schätze die Renndauer da auf z bis zu 80 Stunden, das heißt ich habe drei 24h Rennen vor mir und somit viele Hausaufgaben bis dahin zu erledigen. Beide Rennen finden in Spanien statt – bei Badlands müssen mit der Gorafe & Tabernas Desert, zwei Wüsten durchquert werden.

Somit wird das Jahr 2024 ein Übergangsjahr, in welchem ich mich intensiv mit dem Thema Gravel beschäftige. Dazu habe ich mir einen Eventplan zurechtgelegt, welcher mich dazu zwingt, regelmäßig zu graveln.

Die Geschichte von becomeapro.one wird in dieser Rennsaison die Wandlung zum Gravel-Racer beschreiben und ich freu mich, wenn ihr mich auch hierbei begleitet.

Der Weg ist das Ziel, ich habe ein neues Projekt welches nun 2 Saisons dauern wird. Ich weiß selber nicht ob mir dieses Format taugt aber sich damit zu Beschäftigen ist die Motivation und Erfüllung die mir derzeit fehlt und sollte ich tatsächlich beim Badlands am Start stehen, ist die Chance zu scheitern größer als je zuvor.

Daniel Bürgin

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