Nach meinen ersten Ausflug im letzten Jahr in die Ultracycling Szene, hatte ich Blut geleckt. Somit war klar, dass dies Jahr auch wieder eine Langdistanz auf dem Plan stand. 2023 wurde „Rund um Sachsen“ durch Steven Dornbusch ins Leben gerufen. Ich hatte das Rennen letztes Jahr schon im Blick. Als erstes Langstrecken Rennen erschien es mir allerdings zu heavy. So war klar, dass dies Jahr ich nach Sachsen musste. Die Planung starteten wir bereits Ende 2023.
Mein Team bestand wieder aus meiner Frau und 3 Freunden. Mit Jenny als Crew Chief, Sandy für Social Media und Fahrerin, Maurice am Funk und für Navigation und zu guter Letzt mit Matthias der für die Technik und das leibliche Wohl zuständig war, war das Team perfekt aufgestellt. Im Hintergrund, gab es dann noch Christian, den Mann von Sandy. Er stellte uns ein Kleinbus als PaceCar und baute diesen sogar optimal aus, inklusive extra Regalsystem.
Nachdem wir donnerstags das PaceCar einräumten, starteten wir in Richtung Oschatz. Hier trafen wir Steven Dornbusch und auch schon andere Teilnehmer. Nachdem wir die Startunterlagen in Empfang nahmen ging es in Richtung Ferienwohnung. Nun galt es die letzten Vorbereitungen zu tätigen. Wie üblich vor einem Rennen, egal welcher Länge, war meine Nervosität schon wieder auf einem High Level.
Der Start war für Freitag 10:42 Uhr angesetzt. Wetter war trocken und die Temperaturen waren angenehm. Einzig ein recht kräftiger Wind mit Böen über 50km/h waren nicht so schön. Ich entschied mich trotzdem auf dem Zeitrad zu starten und auch mit der Scheibe zu fahren.
Am Start war schon viel los. Die anderen Fahrer bzw. Teams trafen die letzten Vorbereitungen. Ein wenig Zeit war noch um mit ein paar Freunden sich auszutauschen. Dann ging schon der „Start-Strudel“ los. Gut 5 Minuten vor meinen Start rollte ich zur Startlinie. Es war der Gang zum jüngsten Gericht, zumindest fühlte es sich so an. Die letzten 30 Sekunden gestalteten sich zur halben Ewigkeit. Aber dann war es endlich soweit….es begann.
Von Oschatz ging es erstmal grob Richtung Leipzig welches außen umfahren werden sollte bevor es dann Richtung Süden ging. Der Wind frischte immer mehr auf. Für einen kürzeren Streckenabschnitt stand der Wind mega gut. Das Zeitrad mit der Scheibe konnte nun seine volle Stärke ausspielen und wir machten richtig Strecke. Allerdings war damit hinter Leipzig vorbei. Nun drehten wir gen Süden und somit auch direkt gegen den Wind.
So ging´s weiter Richtung Chemnitz. Größtenteils über wirklich schöne Nebenstraßen. Wobei der Fahrbahnbelag stellenweise wie in Italien war und ich auf einem Gravelbike wahrscheinlich sogar genauso schnell gewesen wär. Langsam näherten wir uns den Abendstunden. So ging es an Chemnitz vorbei weiter Richtung Plauen. Man merkte nun, dass es welliger wurde. Kurz vor Zwickau wechselten wir dann vom Zeitrad aufs Bergrad. Nach Stunden in Aeroposition eine super Abwechslung.
Über den „Bergen“ konnte man trotz eintretender Dunkelheit sehen, dass es noch ungemütlich werden würde. Und so war es auch. Umso mehr es in Richtung Fichtelberg ging, umso schlechter wurden die Wetterverhältnisse. So fing es langsam auch an zu regnen. Somit hieß es das erste Mal Regensachen anziehen. Für den Fichtelberg wurde man im Verlaufe der Strecke immens gut vorbereitet. So gab es schon mal zwei Anstiege direkt vor dem Fichtelberg mit über 20% damit auch ja genug Laktat in die Beine schießt. Dennoch ging es dann bei gut 5 Grad und Regen den Fichtelberg hoch. Dieser stellte so ziemlich die Halbzeit des Rennens dar. Gut 18,5 Stunden haben wir bis hier gebrauch. Nun ging es erstmal gut durchnässt talwärts.
Der Samstagvormittag verlief bis zum Mittag ohne größere Probleme. Ich spürte mittlerweile zwar die lange Belastung, war aber noch gut versorgt. Erst gegen Mittag hatte ich plötzlich nach einem längeren Anstieg leichte Kreislaufprobleme. So entschied das Team kurzerhand mich in einen PowerNap zu schicken. Dies war auch die absolut richtige Entscheidung zu diesem Zeitpunkt. Anschließend ging es wieder mit anständigen Wattwerten weiter. Generell muss man sagen hatten wir samstags viel Glück mit dem Wetter. Einzig kleinere Schauer mussten wir durchfahren, aber hatten das Glück keine längeren, größeren Regenfälle auf der Strecke.
Mit beginnender Nacht erreichten wir langsam den östlichen Teil der Strecke. Hier sollte in der Nacht, bei Görlitz, eigentlich der Wechsel zurück aufs Zeitrad erfolgen. Dies versuchten wir auch. Wir entschieden uns nochmal einen etwas ausgedehnten Stopp einzulegen bei dem das Rad fertig gemacht werden sollte, umziehen, essen und auch ein kleinerer Nap nochmal geplant war. Zum Schlafen bin ich allerdings nicht gekommen. Da wir uns in der Nähe der Grenze befanden, entschieden wir uns eher gleich weiter zu fahren. Zu viele zwielichtige Gestalten waren dort unterwegs.
Was direkt nach den ersten Kilometern auf dem Zeitrad zum massiven Problem wurde, war mein Nacken. Anfangs konnte ich die Schmerzen noch recht gut ausblenden. Über die Dauer allerdings entwickelte sich dies immer drastischer. So mussten wir die Fahrt auf der Zeitmaschine abbrechen, um das Bergrad mit der entspannteren Position einzusetzen. Dies bedeutete natürlich auch einen größeren Zeitverlust. Allerdings gab es keinerlei andere Option zu diesem Zeitpunkt. Auch wurde noch mal versucht den Nacken nach zu tapen, um hier mehr Stabilität reinzubekommen und die Belastung zu reduzieren. All dies hat leider keinerlei Abhilfe geschaffen. So musste ich die letzten gut 280km komplett unter Schmerzen fahren. Auf grader Strecke nahm ich oft den Kopf runter und hab mich nur noch an den Seitenlinien orientiert und mich voll auf Maurice verlassen, der über Funk mir jegliche Unstetigkeitsstelle ankündigte.
Irgendwann wurde mir über Funk das Renngeschehen etwas geschildert. Zu meiner Verwunderung lag ich zu diesem Zeitpunkt auf Platz 12. Platz elf war sogar in einer realistischen Schlagdistanz. Dies war noch mal für mich aufputschend. So galt es, die Zähne zusammenbeißen und einfach nur noch treten, treten, treten. So klappte es wirklich noch, dass ich mich auf Platz elf vorschieben konnte. Mit gut 20km Vorsprung dann auf Platz 12 entschieden wir uns, gut 100km vor dem Ziel, einen kurzen PowerNap nochmal zu machen. Auch wollten wir nochmal schauen ob ich aufs Zeitrad wieder wechseln konnte. Dies klappte nicht, so mussten wir nach gut 2km wieder zurück wechseln.
Die letzten Kilometer, waren wie die ersten. Gegenwind ohne Ende, so dass ich mich möglichst flach machte und nochmal alles gab… und es waren die längsten 100 Kilometer meines Lebens. Zumindest fühlte es sich so an. Die letzten Anstiege peitschte mich Maurice nochmal hoch, bevor gut 5km vor dem Ziel, dass Team sich verabschiedete um voraus zu fahren.
Nach 48 Stunden und 25 Minuten erreichte ich somit auf Platz 11 wieder Oschatz. Wo mich Steven mit der Goldmedaille empfing.
Zu guter Letzt möchte ich diese Zeile widmen, um Danke zu sagen. Ganz großes Danke an mein Team. Ihr wart zu jederzeit bei mir und habt mich unterstützt, euch selbst dabei zurückgestellt. Danke an die vielen Leute die mitgefiebert haben und mich dadurch auch mental immer wieder aufgebaut haben. Danke auch an meine Sponsoren die ihren Teil zum Gelingen des Projektes beigetragen haben.
Erwähnt sei noch ein spezieller Freund der als 5 Begleiter eigentlich mit im Auto war. Pierro, einer meiner Betreuer vom „Race around Niederösterreich“, war gefühlt die komplette Zeit per Telefonie im Auto zugeschaltet. Auch möchte ich mich bei meinen Trainer Manfred Zöger und meinen Freund Michael Peters bedanken, die über die gesamte Distanz und bei Problemen immer an der Lösungsfindung beteiligt waren.